Quote oder Zensur?

Über diesen Titel habe ich lange nachgedacht. Ich selber glaube fast, dass sich die Frage so gar nicht stellt. Trotzdem lasse ich den jetzt mal so stehen.

Die Tagesschau vermeldet: 14.000 Menschen demonstrieren gegen den Castor-Transport. Okay, wie immer zu niedrig, also sagen wir mal 25.000. Über 2 Minuten, jeden Tag, seit 4 Tagen. 2 Minuten, das sind über 10 Prozent der Tagesschau. Gut so, denn das Thema bewegt viele Menschen.

Aber war da nicht neulich was? Genau. Die Demonstration „Freiheit statt Angst“. Wie viele Menschen waren es da? 100.000, sagen die Veranstalter. Es gibt Schätzungen des Polizeipräsidenten von Berlin (die es wie immer nicht zur Pressestelle geschafft haben; selbige vermeldet immer einige 10% weniger), die sogar noch darüber liegen. Damals gab es Knapp 30 Sekunden Tagesschau-Zeit.

Nochmal zum mitschreiben:

  • 25.000 bekommen 4*2=8 Minuten
  • 100.000 bekommen 0.5 Minuten, einmalig.

Das macht nach Adam Riese 16 mal mehr Sendezeit für ein Viertel Menschen. Wenn man da noch reinrechnet, dass Datenschutz gerne als Nische für ‚Geeks‘ betrachtet wird, Atomkraftgegner sein aber mittlerweile zum guten Ton gehört, wird die Sache immer abstruser.

Was passiert hier also? Ich muss sagen, ich weiß es nicht. Zumindest nicht, als ich diesen Artikel angefangen habe. Nur war mal wieder die Welt schneller.

Das, was ich eigentlich schreiben wollte:

Man kann das jetzt sehen wie man will. Selbst wenn man nicht Zensur annimmt, sondern nur eine Vorauswahl der Themen nach vermutlichem Interesse: die Zahlen oben beweisen ja gerade selbst das Gegenteil. Im Grunde bleibt nur die gleiche art von Zensur durch Auslassung, die Bundeswehr im Inneren, Bundestrojaner, Vorratsdatenspeicherung und andere Machwerke versteckt hat, und gleichzeitig unfähige Bahnhofsbomber, unfähige Sauerlandterroristen und unfähige Terrorcampbesucher auf den Präsentierteller gelegt hat. Unfähige Politiker übrigens nicht.

Bis zu dem hier. Das hat spontan meine Meinung geändert. Jetzt ist der ganze Spaß durch – im Grunde alles klar jetzt. So langsam reicht es! Die Regierung hat offenbar Angst vor uns. Zu Recht, wie ich nur zu gern sagen würde. Aber vor was sollte man denn hier Angst haben? Solange uns die Franzosen keinen Unterricht geben, wie man eine Revolution macht, wird doch das nix.

:/

Martok

5 thoughts on “Quote oder Zensur?

  1. Hi, Martok,

    also ich beobachte dieses Verhalten unserer neutralen Medien™ schon eine ganze Zeit und bin eigentlich leider schon gar nicht mehr überrascht, wenn es mal wieder einen offensichtlichen Fall von Zensur wichtiger Themen gibt, bei denen mit einfachen Lenkungsmitteln versucht wird, die Bevölkerung außen vor zu lassen.

    Früher dachte ich immer, dass Leute, die den Spruch „Wenn wahlen etwas ändern könnten, wären sie verboten!“ eine reine Erfindung von Verschwörungstheoretikern ist – inzwischen bin ich durch genügend Indizien und teilweise auch Beweise zu dem Schluss gekommen, dass diese Aussage leider einen wesentlichen Grundsatz in unserer Demokratur darstellt.

    Wann berichten unsere Medien? Doch nicht, wenn etwas wichtiges passiert — das wäre wirklich zu einfach. Unsere neutralen Medien™ berichten in der Regel dann, wenn es möglich ist, durch Fehlinformation die öffentliche Meinung zu formen, oder durch Desinformation von eigentlich wichtigen Dingen abzulenken. Gab es da nicht mal im Vorfeld der WM einen mit Sprengstoff beladenen Truck, der aus Osteuropa auf uns zugerollt kam, um da unsere WM durch einen Bombenanschlag zu stören? Ich glaub, da war mal was – aber im Grunde wollen doch viele Verantwortliche einfach nur, dass wir wie O’Brien alles vergessen, was wir nicht direkt vor uns sehen. Ach übrigens: Die Datenschutz-Rationen wurden doch nicht so stark gekürzt, wie ursprünglich befürchtet. Immerhin haben wir jetzt ein Opt-In-Verfahren im Gesetzentwurf stehen! Juhu, wer’s glaubt!

    Wer einmal sich umschaut im Internet und die Berichterstattung zu verschiedenen Themen aufmerksam über verschiedene Quellen hinweg vergleicht, stellt recht schnell fest, dass viele etablierte Medien sich eine schöne neue Welt zurechtlügen, in der nur die Elite weiß, was Sache ist. Dies fällt insbesondere dnn auf, wenn man sich mal die Berichterstattung von SpiegelOnline oder anderen bekannten Magazinen mit verschiedenen Blogs vergleicht. Nicht nur, dass viele Blogschreiber vor Zynismus kaum noch die Situation darstellen können, findet man bei ihnen teilweise Nachrichten, wo man in anderen öffentlichen Quellen nicht mal eine Randnotiz oder einen Nebensatz zu liest. Oder hat jemand mitbekommen, was bei den letzten Wahlen in Brandenburg, bei denen Wahlcomputer zum Einsatz kamen für Pfusch am Bürger veranstaltet wurde? Sicherlich nicht — und wenn man sich noch nicht auf einen längerfristigen Klapsenbesuch vorbereiten will, sollte man das Lesen des vom CCC veröffentlichtn Wahlbeobachtungsberichtes auch tunlichst unterlassen. Ich habe noch nie so konzentriert auf 45 Seiten so häufig beim Lesen „Oh Gott!!!“ un „WTF!?!“ schreien müssen, um mir Luft zu verschaffen? Aber gut, ist ja nicht unsere Demokratur, die wir da grad in Grund und Boden rammen!

    Und wie war das doch gleich mit „immer früher informiert“, was sich viele (insbesondere Radio-)Sender auf die Fahne geschrieben haben? Ich war regelrecht überrascht, als im Januar erste große Medien™ über die Finanzkrise berichtet haben, von der informierte Kreise im Internet bereits seit über einem halben Jahr vorher wussten. Das war für mich richti ein Schock, als dazu mal was im Radio kam!

    Naja, soviel zu unseren unabhängigen, ehrlichen und neutralen Medien! Ich möchte heut ja auch noch zu einem Ende kommen.

    MfG,
    BenBE.

  2. Was ist denn das für eine Rechnung? Ich war auf beiden Demos, Freiheit statt Angst und in Gorleben und freue mich, dass beide es überhaupt in die Tagesschau geschafft haben. Häufig werden auch Großdemos völlig ignoriert. Frau Merkel ist dort fast jeden Tag zu sehen, und die ist alleine!
    Statt über die Aktionsformen, sollte vor allem viel mehr über die Hintergründe und Anliegen der Demonstranten berichtet werden: das Gorleben geologisch ungeeignet ist; mit welchen Mitteln die Atomkonzerne die Politik beeinflussen; wie leicht es ist, kein Geld mehr an Atomkonzerne zu bezahlen, sondern Ökostrom von unabhängigen Unternehmen zu beziehen. Aber das ist vielen Journalisten zu komplex, sie berichten jeden Tag über das gleiche Parteien-Hickhack, Wirtschaftsnachrichten, Promigesülze und Sport.

  3. Naja, wer Promigesülze als Nachrichten bezeichnet, hat wie die Ärzte es treffend in „Lasse Red’n“ formuliert haben, seine Bildung aus der BILD. Eine Generation RTL2, die mit Dieter Bohlen, Sex-Skandalen und jede Menge freier Haut an der Leine gehalten wird, wird unweigerlich auf eine Zukunft á la Idiocracy zusteuern. Auf einem gut gepflasterten Weg dorthin sind wir ja bereits.

    Und was meinst Du mit Alternativen? Wenn man sich einmal anschaut, welche Technologien überhaupt am Markt angeboten werden, so sind es garantiert nicht nachhaltige, ökologische Verfahren und Techniken, sondern allein diejenigen, wo Großkonzerne und andere Interessenverbände einen Weg gefunden haben, ihren bestehenden Einfluss zu wahren. Wenn es danach gänge, was möglich und ökologisch – aber insbesondere nachhaltig – ist, würde unsere gesamte Landwirtschaft sicherlich nicht aus hochsubventionierten Märkten bestehen, sondern aus freien Bauern, die mit wenigen Pestiziden nicht mehr als nötig in unsere Natur eingreifen. Stattdessen greifen internationale Konzerne durch immer neue Saatgut-Produkte und Düngemitteln, spätestens aber über Lobbyverbände die Regierungen mit immer neuen Bewirtschaftungsvorschriften maßgeblich in die Freiheit der Bauern ein.

    Am Ende bleibt da eigentlich nur festzuhalten, dass sich keine Technologie am Markt etablieren wird, wo nicht mindestens ein Investor Kapital und Kontrolle des Marktes rausschlagen kann – so schade das ist!

  4. Nun ja, Demonstrationen in Sachen Castortransport sind gesehen auf die Problematik an sich ja auch erwähnenswerter. Immerhin sorgt die Laufzeitverlängerung für noch mehr Atommüll, auch wenn man jetzt schon nicht weiß, wohin mit dem Zeug. Deshalb bin auch ich dafür:
    Atomausstieg selber machen!

    Und alleine an der Sendezeit lässt sich die Bedeutung eines Geschehens ohnehin nicht messen. Sag nur Hungersnöte und Elend… Will auch keiner mehr sehen.

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